Interviews mit betroffenen Frauen-
geführt von Angela Moonlight
Vorwort
Guten Tag!
Hier spricht Ihre Angela Moonlight.
Im Frühjahr 2007 habe ich meine Autobiographie: “Rette mich manche Kinder werden ohne Schutzengel geboren veröffentlicht. In diesem Buch geht es um mehrfachen sexuellen Missbrauch innerhalb meiner
eigenen Familie, den ich bis zu meinem 14. Lebensjahr durchleiden mußte und der sich nachweislich über zwei Generationen zieht!
Ich möchte den Menschen nun mit den unten folgenden Interviews verdeutlichen, unter welchen Bedingungen Missbrauchsopfer leben.
Es ist mir
sehr wichtig, die Seite der Betroffenen darzustellen, da sich viele ein Leben lang nicht wagen, darüber zu sprechen. Oft können sich weder die Gesellschaft, noch die näheren Angehörigen ein Bild von
den Qualen der Opfer machen. Wir haben hier versucht, gemeinsam das Schweigen zu brechen.
Tapfer, unter großen Mühen und voller Mut haben die Betroffenen meine Fragen beantwortet. Es war für keines der Opfer leicht. Man erlebt das Trauma noch einmal, viele der Opfer wurden von Flash-Backs
heimgesucht, viele sind so mutig und sitzen heute noch an den Fragen, da sie es auf einmal nicht schaffen konnten.
Hier noch einmal meinen Respekt und meinen Dank für die Unterstützung dieser Menschen!!!
Das Copyright liegt ausschließlich bei Angela Moonlight und deren Interviewpartner innen!
Und nun ergreifen die Missbrauchsopfer das Wort:
Frida: Darüber zu sprechen, fällt mir meistens sehr sehr schwer, nur wenn ich eine innere Distanz dazu aufbaue ist es mir möglich darüber zu reden. Vieles meiner Erinnerung befindet sich noch im
Nebel und die Dinge, die ich weiß setzen sich aus kleinen Puzzelteilen zusammen, meist
jedoch innere Bilder. Die Gefühle jedoch sind alle komplett zurückgekehrt zu mir und helfen mir so verrückt es klingt irgendwo zu begreifen was genau geschehen ist. Meistens eröffnen mir Flashbacks
neue Puzzelteile und Einzelheiten.(Das ist jetzt nur speziell auf meinen sexuellen Missbrauch bezogen, über alles andere fällt es mir wesentlich leichter zu reden, aber einfach wird es wohl nie sein)
Angela Moonlight: Welche Art von Missbrauch ist Ihnen widerfahren?
Frida: Ich wurde einmal psychisch und physisch meine ganze Kindheit und Jugend lang durch meine Brüder misshandelt, das körperliche waren meistens jedoch kleinere Übergriffe, wie Stunden lang
auskitzeln, in den Gefrierraum einsperren oder aber ich wurde gezwungen Lebensmittel zu essen, die ich nicht mochte. Desweiteren lebte ich durch meine Mutter und meinen Stiefvater komplett
vernachlässigt. (mangelnden Aufmerksamkeit, fehlende Liebe etc.) Dann war da noch mein leiblicher Vater, er hatte bis zu meinem 11 ten Lebensjahr bei uns gewohnt und geschlagen und terrorisiert und
unterdrückt. Nachdem meine Mutter die Trennung verlangte und ihn vor die Türe gesetzt hatte, kamen Morddrohungen, Verfolgung und über Jahre hinweg ein Menschenunwürdiger Rosenkrieg dazu, der die
Familie an das Existenzminimum getrieben hatte. (Auch anderer Traumatisierende Ereignisse waren vorgefallen) So und nun noch zu meinem Sexuellen Missbrauch. Mit 4 Jahren hatte ich über mehrere Wochen
hinweg einen Kuraufenthalt, so weit mich meine Erinnerungen nicht trügen fand dort mein Missbrauch statt. Angela Moonlight: Fand der Missbrauch durch Fremde oder durch Familienmitglieder statt?
Frida: Der sexuelle Missbrauch fand so weit ich weiß, durch den Sohn der Frau, der das Kurheim gehörte, also ein Fremder Mann, statt. Alles andere wurde durch Familienmitglieder verübt. Angela
Moonlight: Wie lange liegt das schreckliche Ereignis zurück? Frida : Von meiner Familie habe ich es erst mit 21 geschafft mich zu lösen also 6 Jahre. Der sexuelle Missbrauch liegt 23 Jahre
zurück.
Angela Moonlight: : Hatten Sie jemanden mit dem Sie darüber sprechen konnten?
Frida: Nein! Mein familiäres Umfeld war so schrecklich, dass ich damals meinen sexuellen Missbrauch verdrängte. Über alles, was in der Familie geschah hatte ich auch nie die Möglichkeit zu sprechen,
ich hatte niemanden und Mitschülern wurde es verboten mich zu besuchen und ehrlich gesagt war ich damals auch ein Aussenseiter, hatte keine Freunde und wurde nur gehänselt.
Angela Moonlight: Wenn ja wer? Hat man Ihnen geglaubt? Wenn Nein, wie sind Sie damit umgegangen?
Frida: Schwer eigentlich habe ich die ganzen Jahre lang alles in mich hineinfressen müssen alles so gut ich konnte verdrängen, meine Esstörung hat mir dabei sehr geholfen, ich konzentrierte mich auf
meinen Körper und darauf abzunehmen. Auf das Essen auf Kalorien und Fettgehalt, meine Esstörung war damals ein guter Freund, der mir alles erträglicher machte.
Angela Moonlight: Wie konnten Sie das schreckliche Ereignis verarbeiten? Konnten Sie es überhaupt?
Frida: Meine Kindheit und Jugend habe ich in den letzten 6 Jahren verarbeiten können erst mit Therapie später ohne, ich brauchte absolute Ruhe und die Abgeschiedenheit um zu mir selber zu
finden und Wege zu finden, die Dinge zu verarbeiten und nicht, wie ich es gelernt hatte weiter zu verdrängen und davonzulaufen. Geholfen haben mir dabei Texte und Gedichte, ich habe sehr viel
geschrieben, ich habe wieder die Kunst und meine Kreativität für mich entdeckt und das Kopfkissen *lach* zum hinnein schreien zum zuweinen und an die Wand schmeißen. Meinen sexuellen Missbrauch
hingegen konnte ich bis vor einem Jahr ca nicht verarbeiten, erst da finden die Dinge an aufzubrechen und hoch zu kommen, ich bin also dabei und verwende eigentlich die Methoden, die mir auch bei der
Verarbeitung der anderen Dinge geholfen haben. (Ich habe sie meine Baumstämme getauft, denn sie geben mir Halt und Sicherheit, wie es einst mal meine Esstörung tat.)
Angela Moonlight: Können Sie sich daran erinnern wann Sie das erste Mal darüber gesprochen haben, in einer Therapie, beim Arzt, mit einer Freundin?
Frida: Mit 17 habe ich meinen ersten Versuch gewagt Jemanden etwas zu sagen, ich habe meinem Jüngeren Bruder von meiner Esstörung, die ich damals entwickelt habe erzählt unter starken Schamgefühlen,
in der Hoffnung er würde aufhören mich zu quälen, er lachte nur und ich habe erst geschafft über die Ereignisse mit Jemanden zu reden, als ich ca 20 war. Anonym per Internet. Über meine Esstörung
sprach ich dann das erste mal wirklich bei einer Beratung in einem Frauenhaus mit 23 und mit meinem damaligen Freund, der mir half den ersten Schritt zu gehen.
Angela Moonlight: Alle Opfer von Missbrauch leiden unter verschiedenen Symptomen. Können Sie mir sagen wie Ihre Symptome aussehen? Hatten Sie schon einmal Selbstmordgedanken
Frida: Ich habe folgende Symptome: Essstörungen (Folgeschäden: kaputte Zähne extreme Magenprobleme, hochempfindliche Speiseröhre, Nebenhöhlen und Mundraum, gestörter Stoffwechsel und gestörte Hunger
und Sättigungsgefühle) Angst und Panikzustände Schlafstörungen Selbstverletzendes Verhalten (leichtes ritzen, kratzen von Geschlechtsteilen etc) Alpträume Herzrasen Schweißausbrüche Extreme
Muskelverspannungen und Migräneattacken Körperliche Schwäche Konzentrationsstörungen (2 Dinge auf einmal machen ist unmöglich für mich) Dissoziationen Misstrauen Ordnungs Putz und Perfektionszwänge
Kopfkino Magen und Darmprobleme incl Koliken Ohnmachts und Schwindelgefühle Leichte Depressionen Frösteln und Zittern Gestörte Verhältnis zu meinem Körper (besonders Geschlechtsteile und weibliche
Merkmale) Reizüberflutung Gefühlschaos (meistens komplett gegensätzliche Gefühle auf einmal vorhanden) und extreme Schwierigkeiten diese zu sortieren und wahrzunehmen Schwächeanfälle Einschlafen und
kribbeln von Körperteilen Extreme Rückzugstendenzen bis hin zur kompletten Abgeschiedenheit Sich emotional mit Kopfkino (meist irgenwelche Ängste die ich anfange dann als real anzusehen und existent)
zukleistern oder Gefühle verdrängen Gestörter Selbstwert und das Bedürfnis sich selber zu bestrafen und die Schuld an allem zu geben Angst im Dunkel besonders vor dem ins Bett gehen Sichehreitszwänge
die Tür abschließen (hab drei Schlossvorrichtungen) sich in die Bettdecke so sehr einrollen, dass nur die Nasenspitze zum Vorschein kommt etc Schreckhaftigkeit besonder vor lauten Geräuschen Extreme
Angst vor Nähe besonders fremde Männer (z.B ein Mann steht hinter mir in der Bahn und mir wird so übel, dass ich mich übergeben könnte, ekel dabei und eine panische Angst) Ja ich hatte auch
Selbstmordgedanken, besonder als Jugendliche und in der Zeit, wo mein Tag nur daraus bestand mich zu erbechen und wieder zu essen usw) Angela Moonlight: Was tun Sie damit es Ihnen besser geht?
Frida: Bis zu einem gewissen Punkt ist es für mich sehr wichtig auch die unangenehmen Gefühle zuzulassen, sie auszuleben, das baut bei mir Druck und Depressionen ab.(Das kann unterschiedlich
geschehen, entweder brauche ich Jemanden zum reden, oder ich ziehe mich
zurück und verarbeite die Gefühle in Textform, mit einem Bild oder ich mache Musik und Kerzen an und bin einfach nur traurig) Ansonsten versuche ich mein Leben so angenehm, wie möglich zu gestalten
und normale Dinge zu tun, die mir Ablenkung und Ausgeglichenheit schenken. Besonders hilft mir meine Kreativität dabei, ich bin ständig mit einem erfüllenden Projekt beschäftigt, das Gefühl etwas
geschafft zu haben und es stolz hinterher zu betrachten gibt mir den meisten Auftrieb) Angela Moonlight: Befinden Sie sich derzeit in einer Therapie?
Frida: Nein, ich bin momentan auf der Suche nach einem geeigneten Therapeuten und befinde mich auf einer Warteliste für eine teilstationäre Traumatherapie. Angela Moonlight: . Ich meiner Seits, habe
schon einige Therapien hinter mir. Im Moment läuft meine letzte Therapie aus. Angela Moonlight: Wie viele Therapien haben Sie schon gemacht?
Frida: Zwei ambulante Therapien und zwei stationäre (Tagesklinik und Spezialklinik für Esstörungen), es gab auch Therapie lose Zeiten mit Psychiatrischer Begleitung.
Angela Moonlight: Meine Therapieformen waren alle ambulant. Wie ist das bei Ihnen? Frida: Beides (Punkt 3)
Angela Moonlight: Wenn stationär, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Frida: Ich habe mit den Stationären Therapien sehr gute Erfahrungen gemacht, man hat die Möglichkeit sich vollkommen auf seine Problematik zu konzentrieren und das sehr intensiv und mit dem Gefühl
rund um die Uhr versorgt und aufgehoben zu sein. Besonders hilfreich an stationären Therapien ist auch der kontinuierliche Austausch mit Mitpatienten, oftmals hört man doch eher auf den Ratschlag
eines Betroffenen, als auf den eines Therapeuten ;) Ab einen gewissen Punkt ist es aber dann nötig eine stationäre Therapieform zu verlassen, denn die Dinge die man dort lernt sind fernab vom
normalen Leben und man nimmt seinen Großen Koffer an Erfahrungen, Lösungen und Erkenntnissen mit um zu schaffen, ihn auch im normalen Leben auszupacken und den Inhalt zu gebrauchen.
Angela Moonlight: Wurde die Therapie Medikamentös begleitet? Wenn ja wie ging es Ihnen damit?
Frida: Nein ich habe mich strickt geweigert irgendwelche Medikamente einzunehmen (bis auf einmal was zum einschlafen), da ich der Meinung bin, dass mich die Medikamente so sehr stabilisieren, dass
ich keinen Anlass mehr sehe mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen. Ich will nicht einfach nur gesellschaftlich funktionsfähig gemacht werden und ewig mich von meiner Vergangenheit in mir
vergiften lassen, sonder mich den Sachen stellen. Vieles wurde bei mir kaputt gemacht,aber mittlerweile weiß ich dass ich es schaffen werde, mich so sehr wieder *zu reparieren*, dass ich auch ohne
Medikamente ein angenehmes Leben führen kann. Angela Moonlight: Leiden Sie unter Nebenwirkungen der Medikamente? Wenn ja welche?
Frida: Die Schlaftablette (Stangyl), die ich genommen habe sorgten dafür, dass ich von morgens bis abends eingenebelt war und nicht mehr klar denken und handeln konnte. Ich konnte zwar besser
schlafen, aber der Schlaf war weniger erholsam als normaler. Angela Moonlight: Müssen Sie die Medikamente immer noch einnehmen?
Frida: Nö. :)
Angela Moonlight: Ich habe mich vor längerer Zeit zu einem schwierigen Schritt durch gerungen. Ich habe gegen die noch lebenden Täter Strafanzeige gestellt. Haben auch Sie Strafanzeige
gestellt? Wenn Ja wie waren Ihre Erfahrungen damit? Frida: Nein habe ich nicht, ich weiss ja auch noch nicht zu hundert Prozent wer es genau war.
Angela Moonlight: Nächster schwerer Schritt war der Antrag auf Opferentschädigung beim Amt für soziale Angelegenheiten. Haben auch Sie einen solchen Antrag gestellt?
Frida: Nein, habe ich ebenfalls nicht, solche Schritte werde ich wohl erst nach meiner Therapie, wo alles hochgeholt wird, evt. in Betracht ziehen. Angela Moonlight: Wenn ja wie sind Ihre
Erfahrungen mit dem OEG? Frida: Angela Moonlight: Fühlen Sie sich verstanden und unterstützt?
Frida: Angela Moonlight: Was würden Sie sich von einer solchen Einrichtung oder vom Staat wünschen?
Frida: Auf jeden Fall würde ich mich wünschen, dass man nicht erst seine Glaubwürdigkeit erkämpfen muss. Angela Moonlight: Was wissen Sie über die Verjährungsfristen?
Frida: Ich kenne mich mit den rechtlichen Sachen so gar nicht aus, habe ich mich auch noch nie mit befasst, für mich steht erstmal die Verarbeitung der Dinge im Vordergrund.
Angela Moonlight: Denken Sie dass die Zeit ausreichend für die Opfer ist um Strafanzeige zu erstatten?
Frida: Ich weiß nicht wie lang die Zeit ist, vermutlicherweise aber zu kurz, wenn ich Strafanzeige stellen wollte, wäre dies schätze ich zu spät denn es liegt 23 Jahre zurück.
Angela Moonlight: Erhalten Sie Ihrer Meinung nach genügend Unterstützung und Schutz durch die Öffentlichen und juristischen Behörden?
Frida: Das kann ich nicht beurteilen. Angela Moonlight: Ein paar Fragen zu Ihrem näheren Umfeld. Leben Sie in einer Beziehung? Frida: Nein z.Z. nicht. Angela Moonlight: Wie
gestaltet sich diese Beziehung?
Frida: Angela Moonlight: Weiß Ihr Partner/ihre Partnerin von Ihrer Vergangenheit? Frida: Meine ehemaligen Partner wusste immer Bescheid .
Angela Moonlight: Welche Schwierigkeiten bestehen in der Beziehung (Sexualität, Nähe, Distanz)
Frida: Oh... sexuelle Probleme gab es immer viele, auch was die Nähe anging, das konnte ich oft nicht zulassen. Sex war schwierig, da es sehr oft zu Flashbacks gekommen ist, oder ich einfach keine
Sexualität spüren konnte. Allgemein lösten meine Beziehungen immer ein Chaos an Gefühlen aus, das Bedürfnis nach Nähe und gleichzeitig nicht angefasst werden zu wollen, Lust auf Sex aber dennoch
unbeschreibliche Angst und ein Davonlaufen. Oft habe ich auch einen Streit heraufbeschworen um meinen Partner in die Flucht zu jagen, da ich mit der Nähe nicht umgehen konnte.
Angela Moonlight: Wie geht er/sie damit um? Frida : Meine Partner hatten es schwer damit klar zu kommen, meine letzten Beziehungen sind daran auch gescheitert denke ich. Angela Moonlight: Wie steht
es mit dem Vertrauen in Ihrer Beziehung? Was bedeutet das Wort Liebe für Sie? Was das Wort Angst?
Frida: Angst und Liebe sind bei dem Thema Beziehung für mich eng verbunden, ich kann oft mit Liebe nicht umgehen, da sie mir Angst macht. Ich sehen mich unwahrscheinlich nach Nähe und Liebe und
Geborgenheit, all das, was ein Partner einen geben kann, doch wenn ich diese dann bekommen kann, wünsche ich mir nichts mehr, als wieder alleine zu sein..hmm schwierig das zu beschreiben, es gab auch
wiederum Momente, da konnte ich nicht genug Liebe bekommen und annehmen. Liebe geben hingegen ist für mich kein Problem, das kann ich. Das Wort Angst löst bei mir auch die Angst davor verletzt zu
werden, enttäuscht zu werden, belogen zu werden und benutz zu werden aus, diese Ängste kamen in einer Beziehung immer sehr stark zum Vorschein. Ich habe meinen Eltern Mutter und Stiefvater davon
berichtet, vor etwa einem Jahr, nach außen hin geben sie sich sehr locker und lassen sich nichts anmerken, dennoch kommt es sehr selten zu einem Gespräch, und wenn dann nur sehr oberflächlich, von
der Seite her erhoffe ich mir keine Unterstützung. Angela Moonlight: Was würden Sie sich von Ihrer Familie wünschen?
Frida: Dass sie einmal in Ihrem Leben sich Zeit für mich nehmen und sich einmal angucken, was ich alles alleine zu tragen habe, ich wünschte mir eine Familie, die nicht nur für Smaltalk geeignet ist,
sondern, die für einen da sein kann, einem aufbaut, wenn es einem schlecht geht, sich mit einem freut, wenn man etwas erreicht hat, aber daran habe ich aufgehört zu glauben und das wird ewig nur ein
unerfüllter Wunsch bleiben. Ich habe ja meine Wahlfamilie und das sind Freunde (wenn auch nur wenige, aber die sind für mich da)
Angela Moonlight: Eine Frage die man mir persönlich häufig stellt, die ich allerdings nicht bejahen kann ist: Hast du das erlebte verarbeitet? Bist du geheilt? Hört das jemals auf? Kennen auch
Sie solche Fragen? Wie sind Ihre Ansichten dazu?
Frida: Nein , ich habe das erlebte nicht verarbeitet und nein es wird ewig ein Teil von mir bleiben. Ich kann nur lernen ihn zu akzeptieren und mit umzugehen. Ja solche Fragen kenne ich natürlich
auch. Meiner Ansicht nach, kann man es schaffen diesen Teil so sehr zu verarbeiten und zu integrieren, dass man innerlich Frieden finden kann, dass man es schafft zwei Welten, die miteinander im
Einklang sind zu bringen und zu vereinigen.
Angela Moonlight: Abschließend möchte ich noch ein paar Fragen in Richtung Täter stellen. Glauben Sie, sie schaffen es mir diese zu beantworten? Frida: Ich werde es versuchen so gut es
geht Angela Moonlight: Was denken Sie über Ihren Täter/ihre Täter?
Frida: Ich hasse und verabscheue diesen Menschen, denn er hat mein Leben zerstört meine Seele und meinen Körper beschmutzt und diesen Schmutz muss ich mein Leben lang mit mir rumtragen und kann ihn
weder abstreifen noch wegwaschen. Jeder Augenblick in meinem Leben alles Schöne wird überschattet von diesem Menschen. Er hat mir meinen Frieden genommen, meine Freiheit und meine Leichtigkeit und
mich in ein Gefängnis eingesperrt, in dem ich jeden Tag seinen widerwärtigen Geruch ertragen muss. So spricht die Seite der Wut und der Verachtung und Trauer. Die Seite der Vernunft und des
Mitgefühls sagt jedoch, arme, kranke, kaputte Seele, es muss ein Fluch sein wenn man sexuelle gelüste entwickelt, wenn man ein Kind sieht, aber diese Seite ist selten da. Ich habe kaum Mitgefühl nur
Verachtung, Wut, Ekel und Hass, ja Hass dazu stehe ich. Angela Moonlight: Wie würde für Sie eine ausreichende Bestrafung aussehen? Frida: Solche Menschen gehören kastriert!
Angela Moonlight: Können Sie sich vorstellen, dass Täter nach ausreichender Therapie rehabilitiert werden können? Und somit zurück in die Gesellschaft geführt werden können? Frida: Nein daran glaube
ich nicht!
Angela Moonlight: Denken Sie in einem solchen Fall kann es Gerechtigkeit für die Betroffenen geben?
Frida: Gerechtigkeit? Ist es gerecht, dass man ein kleines Kind sexuell missbraucht? Kann man so etwas je wieder gutmachen? Nein nichts auf der Welt kann einem wieder zurückgeben, was man bei einem
Missbrauch verloren hat. Aber davon ab würde ich mir mehr Aufmerksamkeit für die Betroffenen wünschen, der Täter, den kennt jeder, jeder spricht über ihn er läuft Monate lang durch die Medien. In die
verdammten Täter wird investiert, aber die Opfer? Wo bleiben die?? Ich persönlich muss mir im Leben alles selber erkämpfen, selbst die Glaubwürdigkeit und das finde ich sehr traurig.
Angela Moonlight: Versuchen Sie sich einmal vorzustellen ihr Täter würde vor Ihnen stehen. Selbstverständlich kann er Sie wieder bedrohen noch angreifen was würden Sie ihm sagen wollen?
Frida: Ich glaube ich würde ihm sagen:" Schau Dir diese Gesicht gut an denn es wird Dich eins Tages in Deinen Träumen heimsuchen Nacht für Nacht und Dich nicht mehr ruhen lassen."
Angela Moonlight: Welche Gedanken und Vorstellungen gehen in Ihrem Kopf herum, wenn Sie an diesen Menschen oder diese Menschen denken?
Frida: Soll ich das wirklich hier aufschreiben? Einerseits der Wunsch diesem Menschen leiden zu sehen, ihn anzuspucken,ihm meine ganze Verachtung zu zeigen, meinen Ganzen Ekel, meine Ganze Qual, mein
ganzes verkorkstes Leben, all das was er mir zerstört und genommen hat, die ganze Energie der ganze Kampf, all die Wut darüber an ihm auslassen. Andererseits der Wunsch ihm verzeihen zu können mich
auf das Niveau nicht herabzulassen und Frieden mit ihm zu schliessen. Eigentlich will ich nur einen Weg finden, ihn loszuwerden, für immer aber den scheint es nicht zu geben.
Angela Moonlight: Welche Gefühle kommen in Ihnen hoch?
Frida: Wut, Rachegelüste, Angst, Schmerz, Trauer, Hass Verzweiflung, Ekel, das Bedürfnis mich erbrechen zu müssen. Ich fühle mich wie ein Kessel vollgestopft von Gefühlen, die mir die Luft
abschnüren, die durch mich durch fließen wie siedendes stinkendes Fett, dass sich durch meine Körper und meine Seele frisst und ich will einfach nur platzen auseinanderspringen, den Teil aus mir
rausreissen und in der Kanalisation versenken. Angela Moonlight: Was hat das Wort „ Lebenslänglich für eine Bedeutung für Sie?
Frida: Das Wort ist das einzige, was für mich als notwendige Strafe in Betracht kommt bei Sexualstraftätern. Entweder "Lebenslänglich" einsperren oder Kastration, die dem Täter auch auf Lebenszeit
Einhalt gebieten würde, so ein Mensch darf nicht frei herumlaufen, ich wünsche keinen Menschen dieser Welt, dass er das erleiden muss, was ich erleiden durfte
Angela Moonlight: Noch einmal zu Ihnen zurück. Nach diesem Interview wie geht es Ihnen jetzt?
Frida: Mir ging es eben schon so mies, da passten die Fragen wunderbar um zumindest ein bisschen von meiner Wut ablassen zu können, aber ehrlich gesagt geht es mir kein Stück besser. Ich habe noch
immer das Gefühl ich könnte platzen, ich bin wütend und traurig und verzweifelt und ängstlich und unruhig und kann nicht schlafen und die Vorstellung diesem Menschen gegenübertreten zu müssen, hat
bei mir fast getriggert und ich habe die Gefühle schnell wieder mal verdrängt, so wie ich es Jahre lang komplett gemacht habe.
Angela Moonlight: Ich kann mir vorstellen dass Sie emotional sehr stark angespannt sind. Gibt es jemanden mit dem Sie dies nun aufarbeiten können. Eine Therapeutin, eine Freundin oder sogar eine
Ärztin`? Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie nun alleine bleiben.
Frida: Nein ich habe z.Z. niemanden wirklich zum reden, komme momentan nicht aus meinem Loch raus und bin nur Nachts wach, kann also keinen Theraputen mir suche nach meinem Umzug. Na ja wer ist schon
Nachts wach zum reden? Ich fühle mich ausserdem ausgelaugt bis zum geht nicht mehr und schaffe es kaum aus dem Haus um Lebensmittel zu kaufen vor Müdigkeit. Wäre doch mal eine Erfindung für solche
Fälle wie mich, eine Online Chattherapie zu gründen, wo man von erfahrenen Therapeuten beraten wird rund um die Uhr, für mich ist es eine unvorstellbar große Hürde irgendwo in der Stadt zu einem
Therapeuten gehen zu müssen. Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Frida: Seelenfrieden, zumindest so weitgehend, dass ich nach Jahren endlich wieder schlafen kann!!!!!!!
Angela Moonlight: Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und bedanke mich, für dieses offene Gespräch!
Interview mit Vera Angela Moonlight: Sind Sie in der Lage, über Ihren Missbrauch zu sprechen?
Vera : Kommt darauf an, mit wem. Ich kann es inzwischen aussprechen, dass ich missbraucht wurde. Einzelheiten kann ich nur sehr vertrauten Personen gegenüber schildern, und das auch nur in
Andeutungen. Angela Moonlight: Welche Art von Missbrauch ist Ihnen widerfahren? Vera : Sexueller und psychischer Missbrauch. Angela Moonlight: Fand der Missbrauch durch Fremde oder durch
Familienmitglieder statt? Vera : Beides. Angela Moonlight: Wie lange liegt das schreckliche Ereignis zurück?
Vera : Der Missbrauch durch meinen Vater begann als ich noch sehr klein war. Es ist schwer, „das schreckliche Ereignis in eine Zeit zu pressen. Es ging über Jahre. Und missbraucht wurde ich auch von
anderen bis ins Erwachsenenalter. Angela Moonlight: Hatten Sie jemanden, mit dem Sie darüber sprechen konnten?
Vera : Nein, wie auch, ich hatte als kleines Kind keine Worte dafür und wusste genau, dass ich lieber die Klappe halte. Später war es mir zu peinlich, beispielsweise von einer Vergewaltigung zu
berichten.
Angela Moonlight: Wenn ja, wer? Hat man ihnen geglaubt?/ Wenn Nein, wie sind Sie damit umgegangen?
Vera : Ich habe es verdrängt. Selbst Dinge, die mir im Erwachsenenalter passiert sind, habe ich gut verdrängen können.
Angela Moonlight: Wie konnten Sie das schreckliche Ereignis verarbeiten? Konnten Sie es überhaupt? Vera : Ich bin gerade dabei, es zu verarbeiten. In jahrelanger Therapie.
Angela Moonlight: Können Sie sich daran erinnern, wann Sie das erste Mal darüber gesprochen haben, in der Therapie, beim Arzt, mit einer Freundin? Vera : Das erste Mal war in einer Therapie.
Angela Moonlight: Alle Opfer von Missbrauch leiden unter verschiedenen Symptomen. Können Sie mir sagen, wie Ihre Symptome aussehen? Hatten Sie schon mal Selbstmordgedanken?
Vera : Panikattacken, Depressionen, Schmerzen am ganzen Körper, Schlafstörungen, Angstzustände.. Habe oft Schwierigkeiten, richtig in der Realität zu sein, dissoziiere manchmal, bin oft nicht im
geringsten belastbar. Selbstmordgedanken hatte ich oft. Angela Moonlight: Was tun Sie, damit es Ihnen besser geht?
Vera : Ich versuche, mich damit auseinanderzusetzen. Wenn es mir schlecht geht, unternehme ich meistens nichts zur Besserung, ich registriere ziemlich bald. Angela Moonlight: Befinden Sie sich
derzeit in einer Therapie?
Vera : Ja, seit einigen Jahren. Angela Moonlight: Wie viele Therapien haben Sie schon gemacht? Vera : Vier. Angela Moonlight: Meine Therapieformen waren alle ambulant, wie ist das
bei Ihnen? Vera : Therapie war stationär, die anderen ambulant. Angela Moonlight: Wenn stationär, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Vera : Das war vor ca. 20 Jahren, da wusste ich noch nichts von dem Missbrauch. Ich habe sehr schlechte Erfahrungen gemacht, wurde nicht so richtig ernst genommen, wie auch die anderen Patienten
dort.
Angela Moonlight: Wurde die Therapie medikamentös begleitet? Wenn ja, wie ging es Ihnen damit?
Vera : In der Klinik nicht .Später hatte ich Medikamente. Mir ging es nicht gut, nichts hat mir so richtig geholfen. Angela Moonlight: Leiden Sie unter Nebenwirkungen der Medikamente? Wenn ja,
welche?
Vera : Ja, ich litt unter Nebenwirkungen. Welche? Alles mögliche, Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel. Sehstörungen..... Angela Moonlight: Müssen Sie die Medikamente immer noch nehmen? Vera :
Nein, derzeit nehme ich keine, denn die haben mir nicht geholfen.
Angela Moonlight: Ich habe mich vor längerer Zeit zu einem schwierigen Schritt durchgerungen. Ich habe gegen die noch lebenden Täter Strafanzeige gestellt. Haben auch Sie Strafanzeige gestellt? Wenn
Ja wie waren Ihre Erfahrungen damit? Vera : Nein. Ich habe ja keine Beweise
Angela Moonlight: Nächster schwerer Schritt war der Antrag auf Opferentschädigung beim Amt für soziale Angelegenheiten. Haben auch Sie einen solchen Antrag gestellt? Vera : Nein. Angela
Moonlight: Wenn ja wie sind Ihre Erfahrungen mit dem OEG? Vera : Keine Angela Moonlight: Fühlen sie sich verstanden und unterstürzt? Vera : Nein
Angela Moonlight: Was würden sie sich von einer solchen Einrichtung oder vom Staat wünschen?
Vera : Die Anerkennung darüber, dass ich nicht arbeiten kann aus diesen Gründen und nicht minderwertiger deswegen bin. Angela Moonlight: Was wissen sie über Verjährungsfristen?
Vera : Nicht viel. Habe mich mal erkundigt, aber es betrifft mich nicht, da ich keine Anzeige erstatten werde.
Angela Moonlight: Denken Sie, dass die Zeit ausreichend ist für die Opfer, um Strafanzeige zu erstatten?
Vera : Nein, finde ich nicht, ich bin der Meinung, für so was darf es keine Verjährungsfrist geben.
Angela Moonlight: Wer erhält Ihrer Erfahrung nach mehr Unterstützung und Schutz, das Opfer oder der Täter?
Vera : Sicherlich der Täter. Schon wenn ich daran denke, dass mir niemand die Therapiekosten erstattet, und ich mit Sozialhilfe das stemmen muss.... Angela Moonlight: Leben Sie in einer
Beziehung? Vera : Ja, ich habe eine Freundin seit einem halben Jahr. Angela Moonlight: Wie gestaltet sich diese Beziehung?
Vera : Wir sind beide Betroffene, daher gibt es viel Verständnis. Wir leben nicht zusammen, sehen uns aber oft. Angela Moonlight: Weiß ihre Partnerin von Ihrer Vergangenheit? Vera : Ja.
Angela Moonlight: Wie geht sie damit um? Vera : Sehr sensibel, wir müssen viel miteinander sprechen.
Angela Moonlight: Wie steht es mit dem Vertrauen in Ihrer Beziehung? Was bedeutet das Wort Liebe für sie, was Angst.
Vera : Mit dem Vertrauen habe ich so meine Schwierigkeiten. Ich kann aber sagen, dass ich noch nie zu jemandem so viel Vertrauen hatte, wie jetzt zu meiner Freundin. Liebe? Bei sich bleiben zu können
ohne Angst, den anderen zu verlieren. Den anderen zu sehen, ohne das Gefühl zu haben, sich aufopfern zu müssen. Angst? Kann ich nicht beantworten, was das bedeutet. Ich weiß nur, dass ich ständig
Angst habe. Angela Moonlight: Weiß ihre Familie um ihre Erfahrungen? Wenn ja, wie gehen sie damit um?
Vera : Ja, ich habe es erzählt. Die Reaktion war nicht ablehnend, aber darauf eingegangen ist keiner, es wird verdrängt, wir schweigen mehr oder weniger darüber. Angela Moonlight: Was wünschen
Sie sich von ihrer Familie? Vera : Dass mir geglaubt wird, dass sie auf meiner Seite steht.
Angela Moonlight: Eine Frage, die man mir persönlich häufig stellt, die ich allerdings nicht bejahen kann ist: Hast du das erlebte verarbeitet, bist du geheilt, hört das jemals auf? Kennen auch sie
solche Fragen? Wie sind ihre Ansichten dazu.
Vera : Solche Fragen kenne ich. Geheilt werde ich wohl nie sein, verarbeiten? Weiß nicht, wie das aussehen soll. Das sind so Begriffe, mit denen ich nichts anfangen kann. Ich denke, „erledigen kann
man ein solches Trauma nie.
Angela Moonlight: Abschließend möchte ich noch ein paar Fragen in Richtung Täter stellen. Glauben Sie, sie schaffen es mir diese zu beantworten? Vera : Ja. Angela Moonlight: Was denken
sie über ihren Täter/ ihre Täter?
Vera : Manchmal habe ich einfach nur Wut und will Rache. Manchmal denke ich, dass das Menschen sind, die aus irgendwelchen Gründen sehr gestört sind. Ich will mich aber nicht mehr damit auseinander
setzen, warum die das gemacht haben. Ich denke, die können sich zurück lehnen, so tun als wäre nichts gewesen und haben keine Ahnung, wie es mir damit geht. Ich wünsche mir, dass sie wenigstens die
Schuld empfinden, die sie eigentlich tragen Angela Moonlight: Wenn sie bestraft wurden, glauben Sie, die Strafe ist ausreichend? Vera : Sie wurden nicht bestraft. Angela Moonlight: Denken sie,
in einem solchen Fall kann es Gerechtigkeit geben? Vera : Nein, wie soll das gehen, wie soll man das gegeneinander aufwiegen. Angela Moonlight: Wenn sie ihrem Täter alles sagen
könnten.......was würden sie sagen? Vera : Ich würde ihm klar machen, was für ein Verbrecher er ist.
Angela Moonlight: Welche Gedanken und Vorstellungen gehen in ihrem Kopf herum, wenn sie an diesen Menschen oder diese Menschen denken.
Vera : Unterschiedliche. Entweder Rachegedanken oder der Wunsch, dass diese Menschen verstehen, was sie mir angetan haben. Angela Moonlight: Welche Gefühle kommen ihnen hoch?
Vera : Wut und Verzweiflung. Ich weiß nicht, wohin mit meiner Wut, ich komme da nicht an, werde nicht gehört. Angst vor der Rache der Täter, wenn ich mit dem Finger auf sie zeigen würde. Angela
Moonlight: Was hat das Wort Lebenslänglich für eine Bedeutung für Sie?
Vera : Ich denke daran, dass ich lebenslänglich mit den Folgen des Missbrauchs daran gehindert bin, ein erfülltes Leben zu führen. Keine Chance für mich.
Angela Moonlight: Noch einmal zu Ihnen zurück. Nach diesem Interview- wie geht es Ihnen jetzt?
Vera : Nicht besser oder schlechter als vorher, denn ich bin ständig mit diesen Themen beschäftigt. Es wühlt mich nicht mehr auf als es sonst schon tut.
Angela Moonlight: Ich kann mir vorstellen dass Sie emotional sehr stark angespannt sind. Gibt es jemanden mit dem Sie dies nun aufarbeiten können. Eine Therapeutin, eine Freundin oder sogar eine
Ärztin`? Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie nun alleine bleiben. Vera : Ich habe Menschen, mit denen ich darüber reden kann. Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Vera : Dass ich alltägliche Dinge erledigen kann, ohne in Panik zu verfallen, dass ich Beziehungen zu Mitmenschen aufnehmen kann, dass ich arbeiten gehen kann, dass ich nicht in jedem Augenblick
daran erinnert werde, wie „behindert ich eigentlich bin.
Interview Gespräch mit Tina Angela Moonlight: Sind Sie in der Lage über Ihren Missbrauch zu sprechen?
Tina: Sprechen ist schwierig, denn alles, was man ausspricht wird real. Schreiben geht ab und an, aber auch nicht sehr gut. Ich kann sagen, dass etwas war, aber nicht über Details sprechen.
Angela Moonlight: Welche Art von Missbrauch ist Ihnen widerfahren? Tina : Sexueller und psychischer Missbrauch Angela Moonlight: Fand der Missbrauch durch Fremde oder durch
Familienmitglieder statt? Tina: Nicht innerhalb der Familie, aber auch nicht durch Fremde Angela Moonlight: Wie lange liegt das schreckliche Ereignis zurück? Tina: 15 Jahre; 5 – 9
Jahre Angela Moonlight: Hatten Sie jemanden mit dem Sie darüber sprechen konnten?
Tina: Jein, ich habe öfter versucht, mich mitzuteilen, aber meist stieß ich auf Unglaube, Unverständnis oder Überforderung Angela Moonlight: Wenn ja wer? Hat man Ihnen geglaubt? Tina:
Eine ältere Freundin aus dem Sportverein glaubte mir und versuchte mir zu helfen Angela Moonlight: Wenn Nein, wie sind Sie damit umgegangen?
Tina: Einige Gleichaltrige glaubten mir nicht, weil sie nicht verstanden, warum ich so lange geschwiegen hatte und weil sie vermutlich überfordert waren
Angela Moonlight: Wie konnten Sie das schreckliche Ereignis verarbeiten? Konnten Sie es überhaupt?
Tina: Ich weiß nicht genau, ab wann man so was „verarbeitet“ hat... Ein Lehrer sagte früher immer, die Zeit heilt alle Wunden... Dem kann ich nicht zustimmen...
Angela Moonlight: Können Sie sich daran erinnern wann Sie das erste Mal darüber gesprochen haben, in einer Therapie, beim Arzt, mit einer Freundin?
Tina: Ich weiß, dass ich meiner Freundin aus dem Sportverein einen Brief schrieb, wirklich gesprochen habe ich bis heute nicht darüber
Angela Moonlight: Alle Opfer von Missbrauch leiden unter verschiedenen Symptomen. Können Sie mir sagen wie Ihre Symptome aussehen? Hatten Sie schon einmal Selbstmordgedanken?
Tina: Depressionen, Alpträume, Angst und Panik, SvV, kein Vertrauen anderen und mir selbst gegenüber... An Selbstmord habe ich nicht nur einmal gedacht und auch heute kommt es ab und an vor
Angela Moonlight: Was tun Sie damit es Ihnen besser geht? Tina: Ich versuche mich abzulenken und/oder stürze mich in Arbeit Angela Moonlight: Befinden Sie sich derzeit in einer
Therapie? Tina: Nein
Angela Moonlight: Ich meiner Seits, habe schon einige Therapien hinter mir. Im Moment läuft meine letzte Therapie aus. Wie viele Therapien haben Sie schon gemacht?
Tina: Ich habe einige Anläufe unternommen, aber bisher noch keinen Therapeuten gefunden, zu dem ich Vertrauen fassen konnte, so dass das immer ziemlich schnell wieder vorbei war. Angela
Moonlight: Meine Therapieformen waren alle ambulant. Wie ist das bei Ihnen? Tina: - Angela Moonlight: Wenn stationär, welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Tina: keine
Angela Moonlight: Wurde die Therapie Medikamentös begleitet? Wenn ja wie ging es Ihnen damit? Tina: nein Angela Moonlight: Leiden Sie unter Nebenwirkungen der Medikamente? Wenn ja welche?
Tina: - Angela Moonlight: Müssen Sie die Medikamente immer noch einnehmen? Tina: -
Angela Moonlight: habe mich vor längerer Zeit zu einem schwierigen Schritt durchgerungen. Ich habe gegen die noch lebenden Täter Strafanzeige gestellt. Haben auch Sie Strafanzeige gestellt? Wenn Ja
wie waren Ihre Erfahrungen damit?
Tina: Nein, ich habe keine Anzeige gemacht... Nachdem ich einmal schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht habe, habe ich es mich nicht mehr getraut. Es würde auch nichts ändern und ich habe
keine Beweise. Einer der Täter saß schon mehrfach im Gefängnis...
Angela Moonlight: Nächster schwerer Schritt war der Antrag auf Opferentschädigung beim Amt für soziale Angelegenheiten. Haben auch Sie einen solchen Antrag gestellt? Tina: nein Angela
Moonlight: Wenn ja wie sind Ihre Erfahrungen mit dem OEG? Tina: - Angela Moonlight: Fühlen Sie sich verstanden und unterstützt? Tina: -
Angela Moonlight: Was würden Sie sich von einer solchen Einrichtung oder vom Staat wünschen?
Tina: Ich würde mir wünschen, dass es nicht die Opfer sind, die Beweise erbringen müssen. Leider gibt es schwarze Schafe, die versuchen, diese Einrichtung auszunutzen, so dass Opfern, die wirklich
Anspruch darauf erheben könnten, sich oft nicht trauen, diesen ganzen Begutachtungsmarathon auf sich zu nehmen! Angela Moonlight: Was wissen Sie über die Verjährungsfristen? Tina: Ab 18
hat Vergewaltigung 10 Jahre, wenn ich mich Recht erinnere...
Angela Moonlight: Denken Sie dass die Zeit ausreichend für die Opfer ist um Strafanzeige zu erstatten?
Tina: Ich finde das ist ziemlich kompliziert, denn je länger man wartet, desto schwieriger ist es, etwas konkret nachzuweisen. Trotzdem brauchen viele lang, bis sie endlich darüber reden können bzw.
dann auch Anzeige machen können. Grundsätzlich denke ich, dass es dafür keine Verjährungsfrist geben darf, denn für die Opfer verjährt das nie!
Angela Moonlight: Wer erhält Ihrer Erfahrung nach mehr Unterstützung und Schutz, das Opfer oder der Täter? Tina: Die Täter, definitiv! Angela Moonlight: Ein paar Fragen zu Ihrem näheren
Umfeld. Leben Sie in einer Beziehung? Tina: Ja Angela Moonlight: Wie gestaltet sich diese Beziehung?
Tina: Seit über 4 Jahren bin ich mit meinem gleichaltrigen Freund zusammen; wir leben auch zusammen und es ist die erste Beziehung, die in keinster Weise manipulativ oder bedrohlich ist. Angela
Moonlight: Weiß Ihr Partner/ihre Partnerin von Ihrer Vergangenheit? Tina: teilweise
Angela Moonlight: Wie geht er/sie damit um?
Tina: Er ist überfordert. Oft fragt er mich, ob ich schon darüber hinweg bin... Was soll ich dann sagen?
Angela Moonlight: Wie steht es mit dem Vertrauen in Ihrer Beziehung? Was bedeutet das Wort Liebe für Sie? Was das Wort Angst?
Tina: Vertrauen ist für mich sehr schwer, weil ich mir selbst, meinen Erinnerungen und Gefühlen nicht traue. Dennoch vertraue ich meinem Freund so weit ich es kann. Liebe ist für mich schwer zu
definieren, ich denke, es kommt darauf an, den anderen so anzunehmen wie er ist, mit all seinen Macken und Fehlern. Angst ist eine unglaublich umfassende Empfindung, die sich wie Gift in alle deine
Zellen schleichen und dich handlungsunfähig machen kann. Außerdem verhindert sie, dass man gute und neue Erfahrungen und Veränderungen machen bzw. zulassen kann. Angela Moonlight: Weiß Ihre
Familie um Ihre Erfahrungen? Wenn ja wie gehen Sie damit um? Tina: nein Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich von Ihrer Familie? Tina: Das Gefühl, nicht immer schuld zu sein
Angela Moonlight: Eine Frage die man mir persönlich häufig stellt, die ich allerdings nicht bejahen kann ist: Hast du das erlebte verarbeitet? Bist du geheilt? Hört das jemals auf? Kennen auch Sie
solche Fragen? Wie sind Ihre Ansichten dazu?
Tina: Natürlich kenne ich diese Fragen, auch wenn sie für mich im Moment nicht sehr aktuell sind, da ich mich noch nicht sehr intensiv mit allem auseinandergesetzt habe und im Moment eher am
Wegschieben bin. Dennoch glaube ich, dass „Heilung möglich ist. „Vergessen sicher nicht, aber ein Leben, in dem man damit umgehen und seinen Alltag meistern kann!
Angela Moonlight: Abschließend möchte ich noch ein paar Fragen in Richtung Täter stellen. Glauben Sie, sie schaffen es mir diese zu beantworten? Tina: ja Angela Moonlight: Was
denken Sie über Ihren Täter/ihre Täter? Tina: Ich habe Mitleid Angela Moonlight: Wenn sie bestraft wurden, glauben Sie, die Strafe ist ausreichend? Tina: Sie wurden nicht bestraft
Angela Moonlight: Denken Sie, in einem solchen Fall kann es Gerechtigkeit geben?
Tina: Was ist schon gerecht in diesem Fall... Ist es gerecht, noch ein Menschenleben zu zerstören? Absolute Gerechtigkeit wird es nie geben können, das gilt nicht nur für Missbrauch. Gerechtigkeit
hängt sehr an den Normen der Gesellschaft...
Angela Moonlight: Wenn Sie ihrem Täter alles sagen könnten ohne dass er Sie bedrohen oder angreifen kann, was würden Sie ihm sagen?
Tina: Schwer zu sagen, ich glaube, ich würde nach dem warum fragen.
Angela Moonlight: Welche Gedanken und Vorstellungen gehen in Ihrem Kopf herum, wenn Sie an diesen Menschen oder diese Menschen denken?
Tina: Ich hoffe, dass ich sie nie wieder sehen muss. Rachegedanken oder ähnliches habe ich allerdings nicht. Angela Moonlight: Welche Gefühle kommen in Ihnen hoch? Tina: Angst, Zweifel
Angela Moonlight: Was hat das Wort „ Lebenslänglich für eine Bedeutung für Sie?
Tina: Lebenslänglich klingt für mich unendlich, ein Zeitraum, den ich im Moment nicht abschätzen kann.
Angela Moonlight: Noch einmal zu Ihnen zurück. Nach diesem Interview wie geht es Ihnen jetzt? Tina: Ich fühle mich ein bisschen aufgewühlt.
Angela Moonlight: Ich kann mir vorstellen dass Sie emotional sehr stark angespannt sind. Gibt es jemanden mit dem Sie dies nun aufarbeiten können. Eine Therapeutin, eine Freundin oder sogar eine
Ärztin`? Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie nun alleine bleiben. Tina: Ich werde einen Weg für mich finden. Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Tina: Ich möchte gerne mein Studium abschließen und in meinem Beruf arbeiten können; mit meinem Freund glücklich sein und irgendwann so weit sein, den Missbrauch aufzuarbeiten und hinter mir zu
lassen.
Angela Moonlight: Ich danke Ihnen recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben und das Sie den Mut aufgebracht haben, sich diesen Fragen und somit dem traumatischen Ereignis erneut zu
stellen.
Interview mit Elly Angela Moonlight: Sind Sie in der Lage, über Ihren Missbrauch zu sprechen?
Elly: Ja, mittlerweile ! Und ich spreche es auch offen aus !Ich denke, ich habe Lange genug geschwiegen ! Angela Moonlight: Welche Art von Missbrauch ist Ihnen widerfahren? Elly :
Sexueller und psychischer Missbrauch. Angela Moonlight: Fand der Missbrauch durch Fremde oder durch Familienmitglieder statt?
Elly : Durch meinen eigenen Erzeuger, sorry aber das Wort "Vater" hat dieser Mensch wirklich nicht verdient ! Angela Moonlight: Wie Lange liegt das schreckliche Ereignis zurück?
Elly : Der letzte Missbrauch durch ihn liegt nun 15 Jahre zurück ! Der Missbrauch fing mit 10 an und endete als ich 21 Jahre alt war ! Angela Moonlight: Hatten Sie jemanden, mit dem Sie darüber
sprechen konnten?
Elly: Bis vor 3 Jahren nicht ! Ich habe als Kind versucht darüber zu reden . Dann habe ich viele Jahre geschwiegen ,wollte doch he keiner hören . Vor 3Jahren ist es dann aus mir heraus gebrochen !
Mein Freund war ziemlich vor den Kopf geschlagen, hat aber die ganze Nacht zugehört und ist an Morgen mit mir Zur Polizei um Anzeige zu erstatten ! Er hat die ganze Zeit zu mir gestanden !
Angela Moonlight: Wenn ja, wer? Hat man ihnen geglaubt?
Elly: Wie gesagt mein Lebensgefährte! Ja, ER hat mir geglaubt und beigestanden ! Leider hat es unsere Beziehung so belastet das wir heute kein Paar mehr sind ,allerdings sind wir Freunde ! Und ich
meine damit richtige Freunde !
Angela Moonlight: Wie konnten Sie das schreckliche Ereignis verarbeiten? Konnten Sie es überhaupt?
Elly: Ich bin gerade dabei, es zu verarbeiten. Das heißt aufzuarbeiten, weil ich persönlich glaube nicht das man sowas Verarbeiten kann. Es hat so viel von meinem Leben eingenommen ,das man es nicht
wegdenken kann . Man kann nur lernen damit umzugehen ! Eine Therapie hat mir leider nicht helfen können ,weil ich dort nicht in der Lage war zu reden !
Angela Moonlight: Können Sie sich daran erinnern, wann Sie das erste Mal darüber gesprochen haben, in der Therapie, beim Arzt, mit einer Freundin?
Elly : Das erste Mal war mit 13 Jahren mit einer Freundin meiner Großmutter,leider glaubte sie mir nicht !
Angela Moonlight: Alle Opfer von Missbrauch leiden unter verschiedenen Symptomen. Können Sie mir sagen, wie Ihre Symptome aussehen?
Elly: Ich bin nicht sehr belastbar ! Ich habe oft Depressionen oder Angstzustände ! An schlimmsten für mich ist meine Bindungsunfähigkeit und die ewigen Selbstzweifel ,Selbstvertrauen war Lange ein
Zeit ein Fremdwort für mich ! Halte mich immer wieder für wertlos und nicht liebenswert ! Desweitern habe ich Schlafstörungen ,leide unter der Borderline- Spaltung ,habe Angst und Panikzustände , Bin
immer unruhig, habe einen inneren Drang alles Perfekt machen zu müssen, ich leide unter Essstörungen und auch an Magen-Darm Beschwerden und Übelkeit. Sexualität war Lange für mich ein notwendiges
Übel um Geliebt zu werden! Heute allerdings kann ich Sexualität zulassen und es sogar genießen !
Angela Moonlight: Hatten Sie schon mal Selbstmordgedanken?
Elly: Ja ,am schlimmsten war es nach der Anzeigeerstattung !
Angela Moonlight: Was tun Sie, damit es Ihnen besser geht?
Elly: Reden ! Ich habe für mich festgestellt, das je mehr ich darüber rede, desto besser geht es mir !
Angela Moonlight: Befinden Sie sich derzeit in einer Therapie?
Elly : Nein ,für mich war das nicht der richtige Weg , halte es aber für sehr wichtig !
Angela Moonlight: Wie viele Therapien haben Sie schon gemacht?
Elly : Eine
Angela Moonlight: Meine Therapieformen waren alle ambulant, wie ist das bei Ihnen?
Elly : Diese eine Therapie war ambulant.
Angela Moonlight: Wurde die Therapie medikamentös begleitet? Wenn ja, wie ging es Ihnen damit?
Elly: Ich habe die Medikamente abgelehnt !
Angela Moonlight: Ich habe mich vor längerer Zeit zu einem schwierigen Schritt durchgerungen. Ich habe gegen die noch lebenden Täter Strafanzeige gestellt. Haben auch Sie Strafanzeige gestellt? Wenn
Ja wie waren Ihre Erfahrungen damit?
Elly : Ja, ich habe ihn angezeigt ! Ich hatte das Glück nur auf nette und verständnisvolle Menschen zu treffen ! Allerdings hat es nach der Anzeige zwei Jahre gedauert ,bis es zur Verhandlung kam .
Eine extrem belastende Zeit ! Das Urteil war ein schlechter Scherz ,da ich zu diesen Zeitpunkt schon 32 Jahre alt war, konnte ER nur noch für die Vergewaltigungen nach meinem 18 ten Lebensjahr
bestraft werden .Und da ER gestanden hat, bekam ER 1 Jahr auf Bewährung !
Angela Moonlight: Nächster schwerer Schritt war der Antrag auf Opferentschädigung beim Amt für soziale Angelegenheiten. Haben auch Sie einen solchen Antrag gestellt?
Elly : Nein ,ich wusste nicht das ich so etwas machen kann !
Angela Moonlight: Fühlen sie sich verstanden und unterstürzt?
Elly : Vom Behörden oder so eher nicht ! Allerdings fühle ich mich mittlerweile von meinen Freunden sehr gut verstanden !
Angela Moonlight: Was würden sie sich von einer solchen Einrichtung oder vom Staat wünschen?
Elly : Ich würde mir wünschen das Behörden nicht so oft untätig bleiben wenn sie Hinweise bekommen ! Ich habe keine Erwartungen mehr an diesen Staat ,ich denke wir müssen uns selber helfen !
Angela Moonlight: Was wissen sie über Verjährungsfristen?
Elly : Habe davon bei der Anzeigenerstattung erfahren und war geschockt ! Da wird den Opfern vorgeschrieben wann sie reden müssen und wenn sie es bis zu ihrem 28ten Lebensjahr nicht schaffen, sagt
man Pech zu spät. Das ist krank !
Angela Moonlight: Denken Sie, dass die Zeit ausreichend ist für die Opfer, um Strafanzeige zu erstatten?
Elly : Nein, ich zum Beipiel habe zu lange gebraucht, so konnte er nur noch für die Vergewaltigung nach meinem 18 Lebensjahr bestraft werden ! Das eine Opfer kann früher reden ,das andere später
,einige leider nie ! Aber das man Sie mit der Verjährung nochmal straft halte ich für krank. Da werden die Täter mit belohnt ,das sie es geschafft haben uns so Lange zum Schweigen zu bringen !
Angela Moonlight: Wer erhält Ihrer Erfahrung nach mehr Unterstützung und Schutz, das Opfer oder der Täter?
Elly: Sicherlich der Täter. Aber das wundert mich nicht wirklich ,weil wir haben in Deutschland schon immer in einer Tätergesellschaft gelebt !
Angela Moonlight: Leben Sie in einer Beziehung?
Elly : Nein zur Zeit nicht ! Allerdings habe ich bis vor kurzen in einer Beziehung gelebt !
Angela Moonlight: Wie gestaltete sich diese Beziehung?
Elly : Oft schwierig ! Ich bin kein einfacher Mensch ! Ich vertraue nur schwer und wenn dann bin ich sehr explosiv wenn ich das Gefühl habe das man mein Vertrauen missbraucht !
Angela Moonlight: Wusste ihre Partner von Ihrer Vergangenheit?
Elly : Ja. Nach zwei Jahren Beziehung hat er davon erfahren !
Angela Moonlight: Wie ging er damit um?
Elly : Sehr sensibel, wir mussten und müssen noch heute viel miteinander sprechen. Ohne ihn hätte ich nie den Mut gehabt so offen zu reden wie ich das heute tue ! Er ist auch heute noch meine Stütze
wenn mich die Gefühle überrollen !
Angela Moonlight: Wie steht es mit dem Vertrauen in Ihrer Beziehung? Was bedeutet das Wort Liebe für sie, was Angst?
Elly : Vertrauen ,ein schwieriges Thema ! Ich kann nicht wirklich vertrauen ,glaube ich ! Ich neige dazu immer Verrat zu wittern ! Liebe , ein wunderbares Gefühl glaube ich ! Ich weiß das ich
abgrundtief lieben kann, aber ich kann diese Liebe von einem anderen Menschen nur schwer annehmen ! Weil sich dann immer der Gedanke einmischt "Du bist wertlos ,warum sollte er/ sie dich lieben !
Wird wohl noch ein langer Weg ! Angst? Ich weiß , dass ich ständig Angst habe. Angst verletzt zu werden. Angst zu wenig zu geben . Angst keine gute Mutter zu sein !
Angela Moonlight: Weiß ihre Familie um ihre Erfahrungen? Wenn ja, wie gehen sie damit um?
Elly: Ja. Meine Mutter hat den Kontakt abgebrochen ! Meine Schwester die ich jahrelang vor meinem ERZEUGER versucht habe zu beschützen, will auch nix mehr von mir wissen . 2 meiner Kinder wissen es
noch nicht ,allerdings weiß mein ältester Sohn davon . War nicht geplant, hat es zufällig mitbekommen ,er redet viel mit mir darüber ,denke mal so richtig verstehen kann er es nicht ! Habe ihm in
eine Therapie gegeben damit er es dort mit Profils aufarbeiten kann !
Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich von ihrer Familie?
Elly : Meine Familie besteht für mich nur noch aus meinen Kindern und von ihnen erhoffe ich mir später einmal das sie es verstehen und zu mir stehen !
Angela Moonlight: Eine Frage, die man mir persönlich häufig stellt, die ich allerdings nicht bejahen kann ist : Hast du das erlebte verarbeitet, bist du geheilt, hört das jemals auf? Kennen auch sie
solche Fragen? Wie sind ihre Ansichten dazu?
Elly : Solche Fragen kenne ich nur zu gut . Geheilt ? Ich glaube nicht das man die Seele heilen kann ! Körperlich wird es sicher besser werden ! Aufhören ? Nein ,ich denke es hört nie auf es wird nur
erträglicher !
Angela Moonlight: Abschließend möchte ich noch ein paar Fragen in Richtung Täter stellen. Glauben Sie, sie schaffen es mir diese zu beantworten?
Elly :Ja.
Angela Moonlight: Was denken sie über ihren Täter/ ihre Täter?
Elly : Wollen Sie wirklich eine Antwort auf diese Frage ? Er ist das Letzte für mich ! Er hat mir meine Kindheit genommen! Er hat mich fast zerstört und auf das Leben meiner Kinder durch seine Taten
Einfluss genommen ! Aber ich kann ihn nicht hassen, wenn Sie das meinen ! Um zu hassen ,muss man lieben ! Ich empfinde nichts mehr für Ihn ,gar nichts! Eine Freundin fragte mich vor ein paar Wochen
ob ich glücklicher wäre ,wenn er Tod wäre ! Meine Antwort : Es ist mir egal ob ER lebt oder nicht ! Für mich ist er ein Nichts geworden und spielt keine Rolle mehr in meinem Leben ! Er hat es lange
genug beherrscht und ich werde es nicht zu lassen das er es weiterhin tut ! Deshalb spielt es keine Rolle für mich !
Angela Moonlight: Wenn sie bestraft wurden, glauben Sie, die Strafe ist ausreichend?
Elly: Nein ! Aber keine Strafe der Welt ,kann mir meine Kindheit wiedergeben !
Angela Moonlight: Denken sie, in einem solchen Fall kann es Gerechtigkeit geben?
Elly: Nein, geht auch nicht ! Denke aber auch ,das nicht die Gerechtigkeit uns dazu bewegt hat ,Anzeige zu erstatten . Anzeige habe ich für mich erstattet ,damit ich mich von ihm befreien kann. Den
solange ich geschwiegen habe, hatte er Macht über mich ! Jetzt hat er keine mehr !
Angela Moonlight: Wenn sie ihrem Täter alles sagen könnten.......was würden sie sagen?
Elly : Habe nicht mehr das Bedürfnis ihn etwas zu sagen ! Verstehen würde er sowieso nix ! Kurz nach Anzeige Erstattung wollte ich ihm was sagen, habe einen Brief geschrieben ,den hat er nie bekommen
und heute bin ich froh darüber ! Er ist es nicht wert diesen Brief zu lesen !
Angela Moonlight: Welche Gedanken und Vorstellungen gehen in ihrem Kopf herum, wenn sie an diesen Menschen denken.
Elly : Unverständnis
Angela Moonlight: Welche Gefühle kommen ihnen hoch?
Elly: Manchmal Verzweiflung, deshalb versuche ich nicht an Ihn zu denken!
Angela Moonlight: Was hat das Wort "lebenslänglich" für Sie für eine Bedeutung?
Elly : Ja , ich habe Lebenslänglich bekommen !
Angela Moonlight: Noch einmal zu Ihnen zurück. Nach diesem Interview- wie geht es Ihnen jetzt?
Elly : Gut ,da ich zur Zeit viel darüber rede ! Ich habe eine Seite gegen Kindesmissbrauch ins Leben gerufen und dort melden sich jeden Tag betroffene Frauen bei mir ! Deshalb kann ich gut darüber
reden !
Angela Moonlight: Ich kann mir vorstellen, dass Sie emotional sehr stark angespannt sind. Gibt es jemanden, mit dem Sie dies nun aufarbeiten können. Eine Therapeutin, eine Freundin oder sogar eine
Ärztin`? Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie nun alleine bleiben.
Elly : Wie gesagt- ich empfinde es nicht als Belastung, sondern als Hilfe, dass ich darüber reden darf ! Aber sollte es mir doch zu nahe gehen, habe ich jemanden der mir beisteht- und das Tag und
Nacht !
Angela Moonlight: Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Elly : Das ich lerne, Liebe anzunehmen ,vor allem von meinen Kindern ! Und das die Leute die Augen nicht mehr schließen ! Hinhören und hinsehen !
Angela Moonlight: Ich danke Ihnen recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben und das Sie den Mut aufgebracht haben, sich diesen Fragen und somit dem traumatischen Erlebnis erneut zu
stellen.
Elly : Ich danke Ihnen für die Möglichkeit, darüber zu sprechen !
Interview von ITP
geführt mit Angela Moonlight
Stellungnahme von Angela Moonlight:
Ich- als Person Angela Moonlight- distanziere mich ausdrücklich von dem Täterkreis der Pädophilen, ebenso den Tätern allgemein. Sämtliche Interviews, die ich führte und führe, dienen ausschließlich
meiner Arbeit und den damit verbundenen und notwendigen Recherchen. Sie unterliegen dem Copyright und dürfen weder kopiert, noch für etwaige andere Zwecke benutzt oder veröffentlicht
werden!
Zuwiderhandlungen sind strafbar gemäß § 11-14. © 2007/2010 Angela Moonlight
Rette mich! -Angela Moonlight |
Interview mit der Autorin Angela Moonlight. |
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